Ein B2B E-Commerce Jeep-Truck-PickUp-Variant – oder was?

In einem zurückliegenden Artikel habe ich mich gefragt: Wie müsste das “Grundfahrzeug” für eine E-Commerce-Lösung im B2B aussehen? Der Ansatz hatte eine generelle Sicht. Die Frage dahinter ist komplex. Einen Teil der wichtigsten Antworten geben dabei die jeweiligen Kunden, die Abnehmer im B2B-Prozess. Warum nutzen Käufer im B2B E-Commerce Portale und Seiten entweder von Marktplatz-Betreibern oder von Herstellern, und wie?

Für B2B-Händler ist die Kundensicht zentral. Wer ein System entwirft, das den Bedarf aktuell aufnimmt und sicherstellt, sich zukünftig wandelnden Bedarfen anpassen zu können, entscheidet fundamental über den weiteren Geschäftserfolg. Darum will ich hier näher auf diesen Bereich eingehen. Wer sich für ein bestimmtes System entscheiden muss, ist unmittelbar von den richtigen Antworten abhängig. Die kommen zu einem Teil aus seiner Branche. Zu anderen sind sie jedoch allgemeiner Natur. 

Alle Interaktion geht von einem konkreten Bedarf/Bedürfnis aus

„Uns sind die Muffen xxx, Größe ¼ ausgegangen. Der Hersteller hat sie nicht mehr.“

E-Commerce- und Webshop-Techniken gehören im B2C bereits lange zum Alltag. Man kann davon ausgehen, dass der beauftragte Kollege eine auch bisher unvertraute Web-Anwendung relativ schnell wird bedienen können. Als würde er in ein neues Auto steigen. Sofern er grundsätzlich mit der „Technologie Auto“ vertraut ist, wird er es in Bewegung setzen können. 

Diese Erfahrung (Wiedererkennung, Vertrautheit mit und Vertrauen in die Prozesse) linkt substanziell in die Nutzererfahrung. Der Kollege aus der Muffenrohrfabrik hat ein konkretes Problem. Dazu gehört nicht, wie der Bestellprozess logistisch abgewickelt wird, wie die Muffen zu ihm kommen oder wie die Rechnung verarbeitet wird.

Diese Fragen muss die E-Commerce-Schnittstelle für ihn beantworten, bevor sie gestellt werden. Transparente und schnelle administrative Abläufe bestimmen über den Erfolg einer Plattform.

Das konkrete Problem des Mitarbeiters: Diese eine Sorte Muffen in einer bestimmten Anzahl und Verfügbarkeit (der Preis ist oft zweitrangig). Damit er die schnell findet, ist eine schlüssige Kategorisierung nötig, genaue Pflege der Produktbeschreibungen und idealerweise eine Live-Suche mit Bestandsangaben. Mit dieser Suche verbringt er auch gern Zeit, wenn sie relevante Informationen und Ergebnisse liefert. Ist die konkrete Muffe ausverkauft oder nur in geringer Stückzahl vorhanden: Sind die Alternativen stimmig, oder werden ihm Nägel angezeigt? 

Der Produktauswahlprozess muss also vor allem schlüssig, strukturiert sowie informations- und zielorientiert gestaltet werden.
Der Kauf- oder Bestellabschluss muss hingegen straff und umweglos designt werden. One-klick-buy, nicht One-Klick-Search.

Der technische Hintergrund ist dabei branchenübergreifender, als man auf den ersten Blick erkennen kann. Denn es geht am Ende um eine schlüssige Datenbank-Abfrage. Welche Art Produkte und Artikel da drin stehen, ist für diese Abfrage gar nicht an erster Stelle entscheidend.

Dieser Punkt macht es Nutzern leicht, sich grundsätzlich in einem Webshop zu orientieren. Und für Webshop-Betreiber ist die gute Nachricht: Sie sind nicht auf eine Branchen- und Nischenlösung angewiesen.

Kundenbedürfnis ist Bedarfserfüllung

Alles ist gut, solange die Muffe da ist. Aber wenn nicht, fangen die Probleme an. Kann das Produkt einfach über eine alternative Quelle bezogen werden? Wenn ja, springt der Kunde zum nächsten Anbieter. Falls nicht, entsteht zumindest ein Customer Care Prozess, der mit Aufwand verbunden ist. Aus Kundensicht kann das ein Scheideweg sein. Kann der Händler das Problem schnell über einen anderen Weg lösen? Bietet gar die Plattform selbst die Möglichkeit, zielgerichtet eine Alternative zu finden?

An dieser Stelle sollten Anbieter eine höhere Perspektive einnehmen. Denn der Bedarf des Abnehmers ist noch nicht erfüllt. Wer als B2B-Händler eine Bindung an seine Plattform erzeugen will, muss eine konstante und verlässliche Bedarfserfüllung denken. Über bspw. Wording erzeugte emotionale Bindung kommt erst danach. 

Für B2B E-Commerce heißt das: Je „digitalisierter“ diese Bedarfserfüllung ist, desto zufriedenstellender wird der Bestellprozess für beide Seiten. 

Die effektivste Form dieser Bedarfserfüllung ist ein Marktplatz. Dessen Erfolg basiert darauf, dass der Händler seinen tatsächlichen Bestand kennt, die Produktinformationen plausible Alternativen zeigen und der Marktplatz nach einem konkreten Produkt (und seinen Attributen) durchsuchbar ist. So erlebt der Abnehmer den Bestellprozess als an seinem Bedarf orientiert – und nicht am Brechstangen-Sale des Händlers. Darum ist die Marktplatzlogik so schlüssig und aktuell eine der Haupttriebfedern im B2B E-Commerce.

Wie Sie das lösen, will Ihr Kunde nicht wissen

B2B-Abnehmer verfolgen mit der Bestellung eigene wirtschaftliche Ziele. Die Bestellung ist ein “Werkzeug“ für die eigene Geschäftstätigkeit. Sie wollen in den meisten Fällen gar nicht wissen, wie Sie die Bestellung umsetzen. Die Funktionsfähigkeit dieses Werkzeugs wird im Gegenteil sogar daran gemessen, wie unaufwendig sich die Order platzieren lässt.

Um aus Kundensicht nützlich zu sein (und damit genutzt zu werden) sollten B2B-Händler diese Eckpunkte beim Aufbau ihrer Plattform beachten:

  • Eine deutlich höhere Frequenz der Einkäufe auf der Seite im Vergleich zum B2C
  • Höhere Kundenbindung
  • Wechselnde Nutzer beim selben Kunden
  • Order-immanente Kommunikationsprozesse
  • Gute Bedienbarkeit bei der Bestellung auch bei diversifizierter Produktpalette: Normteile vs. konfigurierbare Produkte vs. Funktionsteile und Geräte vs. Schüttgut, usw.
  • Verwaltung und Angebot von Teilelisten
  • Bestellort verschieden vom Erfüllungsort
  • Direkte Einbindung der Order-Schnittstelle in das Warenwirtschaftssystem beim Abnehmer
  • Handling automatisierter Folgebestellungen

Was heißt das für das Grundfahrzeug?

Das Grundfahrzeug muss nicht nur die verschiedenen Aufbauten tragen können [Verlinkung zum 1. Beitrag]. Es muss auch „Anhänger ziehen können mit möglichst variabler Last“. Dazu braucht es eine „Anhängekupplung“ (API) und einen „ausreichend starken Motor“ (Grundarchitektur der Software). Das sind die Grundvoraussetzungen, die beim Nutzer Fahr- resp. Bestell-Spaß erzeugen.

Auf diese Weise fühlen sich die B2B-Abnehmer – in diesem Bild quasi wie Fahrgäste – aufgehoben und sicher transportiert. Und zwar so, wie es ihren Bedarfen und Erwartungen entgegenkommt.

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